Wege zur Gelassenheit
Aktuell leiden viele von uns an einer Überdosis an Weltgeschehen. Zahlreiche Menschen sehnen sich nach mehr Gelassenheit. Doch was genau meint Gelassenheit, und wie kann man sie erlangen? Von Thomas Strässle (2013: 21) stammt der Satz: „Die Gelassenheit überkommt einen nicht einfach, man muss schon etwas dafür tun.“ Denn Gelassenheit bedeutet nicht, sich rauszuhalten, sich zurückzulehnen, zu ignorieren, um sich nur noch auf sich konzentrieren zu können. „Sie ist (vielmehr) eine Haltung, auf die wir Menschen in jeder Lebensphase existentiell angewiesen sind. Doch fällt sie nicht einfach vom Himmel, sondern muss stets von neuem geübt werden. Gelassenheit ist die Sehnsucht des Menschen, zum inneren Punkt des seelischen Gleichgewichts zu gelangen“ (U. Auffenberg 2025).
Doch warum fällt es vielen von uns so schwer, belastende Dinge loszulassen, etwas zuzulassen und auch zu überlassen? Wie können wir uns unvoreingenommen verhalten? Wie können wir bei dem Überangebot an Weltgeschehen und den damit verbundenen vielen schlechten Nachrichten die Fassung bewahren und handlungsfähig bleiben? Was brauche ich dazu, Belastendes loslassen und Wohltuendes zulassen zu können? In dem dreitägigen Seminar haben wir diese Fragen in den Mittelpunkt gestellt und uns der Gelassenheit auf verschiedenen Wegen genähert.
Das Seminar fand mit 28 Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf der HEGGE statt. Nach einer kurzen inhaltlichen Hinführung zum Seminarthema durch Sandra Legge schloss sich die erste Einheit von Ronja von Wurmb-Seibel mit dem Titel „Was schlechte Nachrichten mit uns anrichten und wie wir einen besseren Umgang mit Ihnen finden“ an. Zentrale Erkenntnisse aus dieser Einheit sind, dass Ohnmacht überall dort entsteht, wo Probleme unlösbar erscheinen und die Anforderungen zu groß werden. Ohnmachtsgefühle in einem Lebensbereich können sich schnell auf andere Bereiche übertragen. Auch sind negative Nachrichten deshalb so wirkmächtig, weil sie von unserem Gehirn schneller verarbeitet werden als positive. Daher sei es, so Wurmb-Seibel um so wichtiger, dass Probleme bestenfalls immer mit einem Lösungsansatz präsentiert werden. Sie bringt das auf die griffige Formel: Scheiße + X
In der Abendeinheit am Freitag stand das X im Zentrum des Erkenntnisinteresses. Alle waren eingeladen, ein Problem, das sie aktuell beschäftigt auszuwählen und im Rahmen einer Kleingruppenarbeit nach einem (ersten, kleinen) X zu suchen. Bei der Auswertung zeigte sich, dass alle Gruppen ein erstes x gefunden hatten. Auch waren die Teilnehmer*innen überrascht über den positiven Effekt und die Effizient der Gruppen durch verschiedene Perspektiven auf das Problem bzw. die Problemlösung. Nach Morgengebet und Frühstück ging es am Samstagmorgen in einer zweiten Einheit von Ronja von Wurmb-Seibel mit dem Titel „Zusammen lebt es sich gelassener“ um die Bedeutung sozialer Beziehungen auf unser Wohlbefinden und letztlich für unsere Gelassenheit. Die Referentin stellte deutlich heraus, dass wir alle auf soziale Beziehungen angewiesen sind. Selbst ein Lächeln oder ein kurzes Gespräch liefert schon positive Effekte auf unser Wohlbefinden. Und auch wenn die sozialen Medien eine gute Unterstützung zur Gewinnung und Pflege von Sozialkontakten liefert, sind wir alle zwischendurch auf sog. Five-sense-friends angewiesen. Voraussetzung für soziale Verbundenheit mit anderen ist die Verbundenheit mit sich selbst. Manchmal aber, so Wurmb-Seibel weiter, braucht es die Verbundenheit mit anderen, um wieder in Verbundenheit mit sich selbst zu gelangen.
Wenn ein Gefühl von Einsamkeit eintritt, empfiehlt die Referentin, auf jeden Fall rauszugehen, um Menschen treffen. Ein erster, kleiner Schritt genügt oft schon, um weitere Schritte auszulösen. Das Wichtigste ist, dass man kein Opfer bleibt.
Was wir immer tun können:
- Andere Menschen anlächeln
- Andere Menschen ansprechen
- Sich bei Menschen melden, bei denen man sich schon lange nicht mehr gemeldet hat.
- Kontakt zu Nachbarn intensivieren
- Eine Person finden, die einem möglichst unähnlich ist, ansprechen.
Am Samstagnachmittag hat sich Ullrich Auffenberg mit den Teilnehmer*innen auf den ersten Weg zur Gelassenheit, dem Los-Lassen zur Meister-Eckhart-Station des HEGGE-Parks begeben. Eine wichtige Voraussetzung für das Los-Lassen, ist ein Anker-Punkt in meinem Leben (das Wagenrad), das zugleich mein Haltepunkt ist. Je näher ich mich mit anderen verbunden fühle, desto stabiler, desto gelassener.
Am Samstagabend berichtete Ullrich Auffenberg im Rahmen einer Lesung aus seinem aktuellen Buch „Sorgt euch nicht! 36 Anstöße zur Gelassenheit“. Neben den Teilnehmer*innen, waren auch rund 15 Gäste von Außen zur Lesung gekommen.
Am Sonntagmorgen waren die Teilnehmer*innen eingeladen, aus dem Bibeltext „Sorgt euch nicht“ (Mt 6,25-34.) den Vers zu entnehmen, der sie am meisten anspricht. Im Rahmen des anschließenden Gottesdienstes (Königsweg der Gelassenheit) fand ein Austausch zu der jeweiligen Auswahl statt. Im Anschluss daran folgten Mittagessen und Abschlussgespräch.
Unsere Referenten und Referentinnen:
Msgr. Ullrich Auffenberg, Paderborn
Jg.1949, ist Pfarrer i.R. mit Zusatzausbildung in Erwachsenenbildung und Psychodrama und Autor mehrerer Bücher, darunter: „Sorgt euch nicht. 36 Anstöße zur Gelassenheit“. Er war Referent für Mitarbeitende beim Diözesan-Caritasverband Paderborn, Pfarrdechant in Rheda-Wiedenbrück, Leiter der Jugendbildungsstätte Hardehausen und der Bildungsstätte St. Bonifatius in Winterberg-Elkeringhausen. Von 2022 bis April 2025 wohnte und arbeitete er im Christlichen Bildungswerk Die HEGGE.
Ronja von Wurmb-Seibel, Dünzelbach
ist Autorin, Filmemacherin und Journalistin. 2013/2014 lebte sie als Reporterin in Kabul, um über den Alltag der Menschen im Krieg zu berichten. Davor arbeitete sie als Redakteurin im Politik-Ressort der „Zeit“. 2022 erschien ihr Buch „Wie wir die Welt sehen. Was negative Nachrichten mit unserem Denken machen und wie wir uns davon befreien.“ Ihr aktuelles Buch heißt: „Zusammen. Warum wir für ein gutes Leben Verbündete brauchen und wie wir sie finden.“ Beide Bücher sind im Kösel-Verlag erschienen.
Tagungsleitung und Ansprechpartnerin:
Dr. Sandra Legge, Die HEGGE
Hinweis:
Die Seminargebühr von € 290,00 umfasst ebenfalls Unterkunft und Verpflegung mit hochwertigen, auch regionalen Produkten.
| FREITAG, 14. November 2025 | |
| 15.00 Uhr | Beginn mit Kaffee |
| 15.30 Uhr | Begrüßung und Einführung durch Dr. Sandra Legge, Die HEGGE |
| anschließend |
Ronja von Wurmb-Seibel, DünzelbachWas schlechte Nachrichten mit uns anrichten und wie wir einen besseren Umgang mit ihnen finden! |
| abends |
Ronja von Wurmb-Seibel, DünzelbachFortführung der Einheit |
| Samstag, 15. November 2025 | |
| vormittags |
Ronja von Wurmb-Seibel, DünzelbachZusammen lebt es sich gelassener |
| nachmittags |
Msgr. Ullrich Auffenberg, PaderbornErster Weg zur Gelassenheit: Los-Lassen |
| abends |
Msgr. Ullrich Auffenberg, PaderbornLesung „Sorgt euch nicht“ 36 Anstöße zur Gelassenheit |
| Sonntag, 16.11.2025 | |
| vormittags |
Msgr. Ullrich Auffenberg, PaderbornZweiter Weg zur Gelassenheit: Zu-Lassen |
| Gottesdienst: Königsweg zur Gelassenheit: Über-Lassen | |
| 14.00 Uhr | Seminarende |














