Veranstaltung war am: 13.06.2025 15:00 - 15.06.2025 15:00


Alttestamentliche Propheten

Nach einer Begrüßung und Einführung durch Frau Dorothee Mann stellt der erste Referent, Prof. Dr. Michael Konkel, Inhaber des Lehrstuhls für Altes Testament an der Theologischen Fakultät Paderborn, am Freitag Nachmittag sein Thema vor: Ezechiel – Prophet ohne Eigenschaften. Dieser dritte der großen Propheten hat von jeher die Rezipienten vor grundlegende Verständnisprobleme gestellt. Er schreibt im babylonischen Exil, wohin er schon früh verschleppt wurde als Mitglied der israelitischen Oberschicht. Er schreibt in oft harten und schwer verständlichen Bildern, in denen er traumatische Erfahrungen seiner Leidensgenossen verarbeitet. Der Schreiber erweist sich als hochgebildet und bewandert in den Kulturen seiner Umgebung. Als besondere Annäherung an sein Thema führte Prof. Konkel seinen Zuhörenden den Ezechielzyklus in Schwarzrheindorf vor Augen. Dieser Freskenzyklus in der romanischen Unterkirche entstand zur Zeit des 2. Kreuzzugs, um 1150. Er illustriert in 18 Bildern Szenen aus dem Prophetenbuch – vom Auftraggeber her nicht ohne propagandistische Elemente. Da das Buch Ezechiel aber sonst in Bildern selten und in Vertonungen gar nicht auftaucht, sind diese Illustrationen im Gewölbe der Kirche von besonderem Wert und Interesse.

Am zweiten Tag erfolgte unter der fachlichen Leitung von Prof. Konkel eine Annäherung an einige zentrale Texte des Ezechiel-Buches. Die „Thronwagenvision“ wird erklärt unter Mithilfe von Abbildungen des alten Assur, Persien und Syrien. Die provozierende Geschichte der „Hure Jerusalem“ wird verständlich als Traumaliteratur aufgrund der erlebten Katastrophe des Volkes Israel. Auf diese Weise erhielten die Seminarteilnehmerinnen und Seminarteilnehmer eine deutliche Vorstellung und einen Verständnisschlüssel der Texte Ezechiels.

Am Samstag Nachmittag stand die Rezeption alttestamentlicher Prophetentexte in der Musik im Mittelpunkt. Sr. Hildegard Wolters OSB von der Abtei Fulda, Musiklehrerin und Chorleiterin, stellte „Klage und Lobpreis in den Liedern der Propheten Jeremia und Jesaja“ vor. Da der Prophet Ezechiel von keinem Komponisten vertont wurde, greifen die Musikbeispiele auf die Klagelieder des Jeremia und die tröstenden Texte des Jesaja zurück. Neben Vertonungen Thomas Tallis, G.P. da Palestrina und Fransesco Durante ist besonders eindrucksvoll die Trauermotette „Wie liegt die Stadt so wüst“ von Rudolf Mauersberger (1889 – 1971), die auf die Zerstörung Dresdens im Februar 1945 anspielt. Klangbeispiele aus G.F. Händels „Messias“ schließlich verarbeiten Jesaja-Texte.

Der Dokumentarfilm „Das Herz von Jenin“ zeigte am Samstag Abend ein Beispiel für prophetisches Handeln in unserer Zeit, konkret für die Beziehung zwischen Palästinensern und Israelis.

Der Sonntag Vormittag war schließlich der zeitgenössischen Kunst gewidmet. Unter dem Titel „Keine Prophetie bitte!“ warf Prof. Dr. Rita Burrichter von der Universität Paderborn die Frage in den Raum: Wenn ein Prophet ein Mahner und Warner ist, wenn er auf Moral und Provokation zurückgreift, versteht sich dann zeitgenössische Konzeptkunst als prophetisch? Sie stellt dazu Beispiele von Judy Chicago, Yoko Ono und Niki de Saint-Phalle zur Diskussion. Eine grundlegende Frage bleibt, ob das Kunstwerk reine Ich-Botschaft des Künstlers / der Künstlerin ist oder ob es über sich hinausweist. Das ist durchaus verschieden zu beurteilen – die Rezeption und Kommerzialisierung tun ein Übriges dazu.

Insgesamt eine Tagung reich an neuen differenzierten Erkenntnissen über Prophetinnen, Propheten und prophetisches Reden.