Auf 47 Saiten durch die Zeit

Auf 47 Saiten durch die Zeit

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So nennt die junge, aus Paderborn stammende Harfenistin Konstanze Kuß ein Konzertprogramm, mit dem sie zu Pfingsten in der Akademie „Die Hegge“ ein anspruchsvolles Publikum ganz und gar beglückt und begeistert hat.
Dazu brachte sie gleich drei Harfen mit: eine kleinere „Hakenharfe“, mit der die Iren bis heute ihre Folksongs begleiten – eine „Barockharfe“, auf der ein Johann Sebastian Bach zum Beispiel die Saiten chromatisch verstellen konnte – schließlich die große moderne Konzertharfe, bei der seit der Spätromantik Töne und Tonarten durch Fußpedale virtuos zu verstellen sind.
Indem Konstanze Kuß von Harfe zu Harfe wanderte und so auch von Stil zu Stil, indem sie die verschiedenen Techniken virtuos wechselte und dabei auch zu erklären verstand, öffnete sie die Ohren der staunenden Hörer auf vielfache Weise: da begriffen sie nicht nur den Wandel der Musikstile, sondern ebenso den der Spieltechniken und der Instrumente selbst – und so wurde ihr Harfenkonzert in vielfacher Hinsicht zu einem Erlebnis, das man so leicht nicht vergisst.
Vom irischen Song zu Bachs barocker Aria, von Louis Spohrs romantischer Fantasie zu Gabriel Piernés impressionistischer Caprice, von Sergej Prokoffiews russischem Prelude bis zu Paul Hindemiths strenger Harfensonate steigerte sich das Konzert an Substanz und Technik zusehends, und es hätte dabei aufhören können. Aber dann holte die Harfenistin zum überraschenden Endspurt aus; sie deckte auf, dass sowohl die alte wie die moderne Harfe sich zum Sound moderner Unterhaltungsmusik prächtig nutzen lässt: der spanische Flamenco auf der Konzert- und der jazzige Blues auf der Hakenharfe brachten das Publikum erst recht in Zugabenstimmung. Und so eine erstklassige, schöne und kluge Harfenistin, die will man natürlich wiedersehn.
Prof. Heinz-Albert Heindrichs